famOS – Festival für Urbane Kunst

Zum dritten Mal findet dieses Jahr das famOS Festival in Osnabrück statt. Für eine Woche wird der Bereich rund um die Seminarstraße in eine große Freiluftausstellung verwandelt. Die Idee dahinter: über Urbane Kunst Dialogräume zu schaffen.

An den umliegenden Fassaden ist temporäre, großflächige Kunst zum Thema „Wandel“ zu sehen. So vielfältig wie das Motto aufgefasst werden kann, sind auch die zu entdeckenden Arbeiten, sowohl malerisch als auch inhaltlich.

Zum Festival gehört außerdem eine öffentliche Pop-up-Galerie im Gebäude der ehemaligen Osnabrücker Sonntagszeitung. Hier werden spannende kleine Formate der rund 30 regionalen und nationalen Künstler gezeigt. Der DaunTown-Künstler Marvin Knopf ist mit seiner ungegenständlichen Malerei ebenfalls vertreten.

Die Ausstellung gibt einen interessanten Einblick in die aktuelle Streetart. Das famOS Festival läuft bis zum 22.10.2022, begeben Sie sich auf Entdeckertour, es lohnt sich!

Infos zu den Künstlern: famOS Festival
famOS Festival 2022, Seminarstr. 35-37, 49074 Osnabrück
Öffnungszeiten: Sa & So 11 – 18 Uhr, Mo – Fr 15 – 18 Uhr, letzter Ausstellungstag: Samstag, 22.10.22, 11 – 18 Uhr
Der Eintritt erfolgt auf Spendenbasis.

Urban Art: Malerei von Marvin Knopf

Arbeiten von Marvin Knopf in der Ausstellung.

heiter bis wolkig

Die Malerin Janina Brauer und der Maler Wolfgang Meluhn wurden für das Kunstmentorat NRW, ein Professionalisierungsprogramm für bildende Künstler*innen, des Ministeriums für Kultur und Wissenschaft NRW und des Landesbüros für Bildende Kunst NRW (LaBK) ausgewählt. Die Idee: jeweils ein „Newcomer“, von einer Jury ausgewählt, einem erfahrenen Künstler*innen zuzuordnen, damit diese zusammen 18 Monate lang gemeinsam die regionale Kunstlandschaft erkunden und in einen künstlerischen Dialog treten können.

Kunstmentorat bedeutet nicht, da ist ein Mentor, ein Meister und ein Mentee, eine Schülerin, sondern es begegnen sich zwei professionell arbeitende Maler aus unterschiedlichen Generationen, d.h. mit unterschiedlichen Sichtweisen auf die Malerei, auf Augenhöhe.

Der Reiz dabei war für das Künstler-Tandem Janina Brauer (Düsseldorf) und Wolfgang Meluhn (Borgholzhausen) die Themenverwandschaft ihrer Arbeiten, jedoch mit sehr unterschiedlichen malerischen Ansätzen.

Die Arbeiten von Wolfgang Meluhn sind eher gestisch mit starkem Pinselduktus, die Bilder von Janina Brauer hingegen sind flächig und grafisch geprägt. Brauer hat eine Symbolsprache für einzelne Elemente der Natur, wie zum Beispiel Bäume und Wolken gefunden und diese in ihre Malerei transportiert.
Beide Künstler haben während Ihrer Zusammenarbeit Werke im Dialog geschaffen. So reagierte Wolfgang Meluhn auf die Trenker Diary von Janina Brauer mit eigenen Interpretationen einer Berg-Welt. Unterschiedlicher könnte die Malsprache nicht sein und doch redet man über dasselbe – über Landschaft und Malerei.

Das Ergebnis dieser künstlerischen Begegnung war in einer ungewöhnlich anmutenden Ausstellung, die den malerischen Diskurs zeigte, im Borgholzhausener Kulturverein zu sehen. Dem Betrachter eröffnete sich ein vielversprechendes Spannungsfeld für diese Werkschau. Beide Künstler arbeiten gerade an einem Katalog zu Ihrem Ausstellungsprojekt mit dem Titel „heiter bis wolkig“.

Janina Brauer „November“ und Wolfgang Meluhn „Wald“.

Janina Brauer „Halali“ und Wolfgang Meluhn „Hirsch“.

Janina Brauer „Trenker Diary“ und die malerische Antwort von Wolfgang Meluhn.

Mehr Arbeiten von Janina Brauer 

Mehr Arbeiten von Wolfgang Meluhn

Zukunft(s)land

Unter dem Motto Zukunft(s)land – Strukturen, Impulse und Allianzen für eine starke Kultur in ländlichen Räumen, veranstalteten der Landschaftsverband Westfalen-Lippe (LWL) und der Deutsche Kulturrat im September 2022 eine Konferenz in Münster.

Fachleute diskutierten zwei Tage lang, wie die Zukunft ländlicher Räume im kulturellen Kontext aussieht und wie kulturelle Infrastrukturen dort gestärkt und sichtbar gemacht werden. „Ländliche Räume tragen auf ganz unterschiedliche Weisen einen Großteil zum vielfältigen Kulturangebot bei. Wie können wir kulturelle Infrastrukturen in ländlichen Regionen stärken, sichern und weiterentwickeln? Ausgehend vom Beispiel Westfalen-Lippe werfen wir auf der Konferenz den Blick dabei auf die Bundesebene und freuen uns auf Impulse und Perspektiven von Fachleuten aus Kultur, Politik, Wissenschaft, aber auch Regional- und Stadtentwicklung“, so der Direktor des LWL, Dr. Georg Lunemann.

Als ein interessantes Beispiel für Kunstarbeit auf dem Lande standen die DaunTown-Ateliers auf dem Programm. Stellvertretend für DaunTown war Beate Freier-Bongaertz als Podiumsdiskussions-Teilnehmerin geladen.

„Mit der Konferenz soll ein Debattenraum eröffnet werden, in dem sowohl bestehende Erfolgsmodelle Raum finden, aber auch die Frage diskutiert wird, welche kulturpolitische Setzung und zukunftsfähigen Förderstrukturen es braucht, um die Qualität von Kunst und Kultur in ländlichen Räumen nachhaltig zu stärken. Durch die Kooperation von Deutschem Kulturrat und LWL können wir diesen Themenbereich möglichst differenziert betrachten und notwendige kulturpolitische Impulse setzen“, sagt LWL-Kulturdezernentin Dr. Barbara Rüschoff-Parzinger.

Olaf Zimmermann, Geschäftsführer des Deutschen Kulturrates: „Für alle Menschen in Deutschland, unabhängig davon, ob sie in der Großstadt oder im ländlichen Raum leben, muss der Zugang zu Kunst und Kultur gleichermaßen umfänglich und niederschwellig gewährleistet werden. Ich bin in einem kleinen Ort im Taunus aufgewachsen und kenne die Schwierigkeiten, dieses eigentlich selbstverständliche Versprechen einzulösen. Wir brauchen neue Antworten auf die Frage, wie soll die Zukunft der Kultur fernab der urbanen Zentren, in Zeiten der digitalen Revolution, aussehen…“

In Arbeitsräumen, Diskussionen, Impulsvorträgen und Podiumsdiskussionen wurden die vielfältigen Aspekte der Kunst und Kultur auf dem Landes erörtert.Ein Ergebnis ist, das Augenmerk künftiger Förderungen verstärkt auf den ländlichen Raum zu lenken. Die Podiumsdiskussion wurde vom WDR3 übertragen und kann hier gehört werden. Weitere Eindrücke der Konferenz, Fotos und Infos über die Referenten gibt die Internetseite des LWL.

Screenshot Liveübertragung der Podiumsdiskussion zum Thema Zukunft(s)land – Strukturen, Impulse und Allianzen für eine starke Kultur in ländlichen Räumen: Moderator Martin von Berswordt-Wallrabe diskutierte mit den Gästen: Peter Nagy, Geschäftsführer Stadtmarketing Ibbenbüren
; Dr. Barbara Rüschoff-Parzinger, Landesrätin für Kultur des LWL
; Beate Freier-Bongaertz, Künstlerin Atelierhaus Dauntown Borgholzhausen
; Dr. Constanze Döhrer, Leiterin Stadtmuseum Werne
; Olaf Zimmermann, Geschäftsführer des Deutschen Kulturrats.

DaunTown – das Atelierhaus

In einer ehemaligen Daunenfedernfabrik schufen acht Künstlerinnen und Künstler einen besonderen Ort für Kunst. Auf 2100 m2 betreiben Maler, Bildhauer, Objektkünstler und Zeichner ihre Ateliers. In einem zusätzlichen Showroom wird ein Querschnitt aller Arbeiten präsentiert.

DaunTown – das ist nicht nur eine Künstlergemeinschaft, es ist vor allem eine innere Einstellung zur Kunst und ein Ort des Schaffens. 

Und so war es naheliegend, ein Atelier-Stipendium zu vergeben. Für sieben Monate wird ein Atelierraum zur Verfügung gestellt, von der Kantine bis zur Werkstatt können alle Räume mitgenutzt werden. Ziel des Stipendiums ist die Förderung von Künstlerinnen und Künstlern, dazu gehört auch Kontaktvermittlung in die Kunstszene und der so wichtige künstlerische Austausch mit Kolleginnen und Kollegen. 

DaunTown ist international vernetzt: Das „HUBSA“ Objekt des niederländischen Künstlers André Smits steht im Avantgarten, dem 1 ha großen Skulpturen-Garten in DaunTown. Es ist eine soziale Skulptur, in der auswärtige Kunstschaffende als Artist in Residence wohnen können. 

Internationale Künstlersymposien mit Gesprächen und Diskussionen über verschiedene Aspekte der künstlerischen Arbeits- und Sichtweisen in unterschiedlichen Ländern bereichern zusätzlich die Aktivitäten der Künstlerinnen und Künstler vor Ort.

Neuigkeiten wie aktuelle Arbeiten, Ausstellungen, Texte über künstlerisches Arbeiten, internationale Art-Symposien, Atelierstipendien und Aktionen der Künstlerinnen und Künstler finden Sie auf dieser Webseite.

Gerne bieten wir Atelierführungen nach Absprache an, Kontakt: Beate Freier-Bongaertz, freier-bongaertz@t-online.de, Tel. 01704728868

Hier ein paar Eindrücke aus den Ateliers, fotografisch festgehalten von Michael Wöstheinrich.

Annie Fischer, Objekt

Wolfgang Meluhn, Malerei

Jörg Spätig, Skulptur / Malerei

Beate Freier-Bongaertz, Zeichnung / Objekt 

Matthias Poltrock, Malerei / Objekt

Marvin Knopf, Malerei / Skulptur

Susanne Kinski, Collage / Malerei / Objekt

Avantgarten – der Skulpturengarten in DaunTown

Der Avantgarten ist ein Skulptur-Projekt mit dem Ziel, nationale und internationale Künstlerinnen und Künstler einzuladen, vor Ort am Südhang des Teutoburger Waldes Skulpturen, Plastiken und Objekte entstehen zu lassen.

Die Künstlerinnen und Künstler können als Artist in Residence im HUBSA. wohnen und von den Werkstätten bis hin zur Kantine alle Möglichkeiten nutzen, die die Ateliergemeinschaft DaunTown bietet, um ihre Werke zu fertigen. Die entstandenen Arbeiten verbleiben dann auf dem Außengelände. So stetig wachsend, mit den unterschiedlichsten Arbeitsweisen der zeitgenössischen Bildhauerei, entwickelt sich ein der Öffentlichkeit zugänglicher Skulpturengarten. Auf einer Fläche von ca. 10.000 qm werden in den nächsten Jahren immer wieder neue Werke zu entdecken sein.

Einige Künstler haben ihre Werke bereits dort platziert. Eine Internetseite bietet einen kleinen Einblick in den Skulpturengarten. Wie der Garten selbst unterliegt sie einem ständigen Wandel.
www.avantgarten.eu

Arbeiten des Bildhauers Jörg Spätig, der das Skulpturengarten-Projekt 2020 mit Hilfe eines NRW Förderstipendium initiierte.

felled trees

Die niederländische Künstlerin Bianca Runge symbolisiert mit ihren Werken die Konsumgesellschaft, das kontinuierliche Wachstum auf Kosten der Natur. Sie arbeitet zur Zeit im Avantgarten in DaunTown als Artist in Residence und wohnt im HUBSA.

Die Werke ihrer aktuellen Serie „felled trees“: Die Bäume – silbern und kahl stehen sie da, ihrer Zweige beraubt. Sie sind gleichzeitig vorhanden und doch nicht, Erinnerung statt Realität. Baumstumpf, Beute der Säge und dem unbändigen Drang der Menschen, die Natur zu kontrollieren und zu benutzen mit dem Verfall zur Folge.

Gebrauchter und überflüssiger Schmuck erinnert an Raupen und Käfer, die den Baum erklimmen und Teppichstücke sehen aus wie Moos, das um den gefällten Stamm herum wuchert.

Zusammen mit den alten Teppichen, die während des Wiederaufbaus in den 50er Jahren in Mode kamen und genau wie der Schmuck ein Symbol des Wohlstands sind, verwandelt Bianca Runge jeden Stamm in ein Bild, das zum Nachdenken anregt. Für sie stehen ihre Arbeiten gleichzeitig für den Verfall der Natur sowie für den Verfall der Kultur.

Ihr Trost spendender Kommentar: „Vielleicht sprießen die Stämme wieder, wenn die Erde, das Wasser, das Licht und die Fantasie ihnen Kraft geben.“ 

Wuchern und wachsen ist ein wichtiges Thema im Werk von Bianca Runge, die seit fast 30 Jahren als Künstlerin und Organisatorin von Kunstausstellungen tätig ist. Ihre Arbeiten befinden sich in Sammlungen. Aktuell sind Werke auf der Sculptur Expo 2022 in Terneuzen, NL ausgestellt. Einen Eindruck gibt ihre Internetseite wieder www.biancarunge.nl

Das vor Ort entstandene Objekt ist in die ständige Ausstellung des Avantgarten dem Skulpturenpark in DaunTown integriert und zu besichtigen. Einen Überblick aller Kunstwerke, die dort stehen, bietet die Internetseite www.avantgarten.eu

Die Künstlerin bei der Arbeit an ihrem Objekt, dem aus Aluminium geformten Baumstamm.

Künstlerischer Austausch in den DaunTown-Ateliers, Marvin Knopf und Bianca Runge.

„felled trees“ von Bianca Runge.

Wasserzeichen

Die neue 3,20 m hohe Skulptur „Wasserzeichen“ im Avantgarten, dem Skulpturengarten in DaunTown, ist schon von Weitem sichtbar.

Die Künstler Catharina und Dieter Wagner sind der Einladung gefolgt, als Artist in Residenz im HUBSA zu wohnen und zu arbeiten. Sie entwickelten auf den Ort bezogen die Skulptur „Wasserzeichen“, die sich nun als Linie im Raum, in die Landschaft einfügt.

Die Idee dazu lieferten die zahlreichen artesischen Quellen der Umgebung. „Wasser“ sollte hier aufgegriffen und umgesetzt werden. So war es für die beiden eine künstlerische Konsequenz, das Material der Skulptur dem Thema entsprechend zu wählen. Das Resultat: eine Skulptur aus KG-Rohren.

Von Catharina und Dieter Wagner besitzen bereits einige Städte Skulpturen. In ihren Werken bauen sie grundsätzlich eine Verbindung zur topologischen oder sozialen Lokalität auf.  Wer mehr Arbeiten der Künstler sehen möchte, sollte ihre Webseite besuchen: www.wagner-bildwerke.de

Wer mehr über den Avantgarten erfahren will, kann alle dort stehenden Kunstwerke auf der Skulpturengarten-Internetseite sehen www.avantgarten.eu

Die Bestimmung des Standorts der Skulptur, Jörg Spätig mit Catharina und Dieter Wagner

Objekte der Verwandlung – Zeus Affairs

Verwandlungen sind eines der großen Themen in der griechischen Mythologie; Götter, die sich oder Menschen verwandeln, um zu verführen oder zu bestrafen. Die amourösen Abenteuer des Zeus in verschiedenen Tiergestalten, zum Beispiel Europa und Stier oder das Sternbild großer und kleiner Bär (deutschsprachiger Raum: großer und kleiner Wagen), sind Teil unserer Alltagskultur geworden.

Die Arbeiten von Beate Freier-Bongaertz greifen diese Verwandlungsgeschichten der griechischen Mythologie auf und setzen diese in einem Balanceakt zwischen Linie und Farbfläche um.

Die Würfelobjekte selbst sind Teil des Prozess der Metamorphosen, sie können vom Besucher verändert werden, experimentell neu zusammengestellt oder bestehende Bilder gefunden werden. So kann der Besucher am lustvollen Spiel teilhaben. Das Spiel wird zum Kunstwerk.

In der Galerie Serpil Neuhaus wird die Werkreihe „Zeus Affairs“ von Beate Freier-Bongaertz umfassend gezeigt, es sind Würfelobjekte und auch die  dazugehörigen Bilder zu sehen.

„Zeus Affairs“ Ausstellung 13.8. – 25.9.2022, Öffnungszeiten: Fr. 16 – 19, Sa. + So. 14 – 17 Uhr und nach Vereinbarung (01704728868). www.serpil-neuhaus-galerie.de

Ausstellungsansichten, mehr Werke von Beate Freier-Bongaertz hier.

Eröffnungstext von Anna Bella Eschengerd:

Die Verwandlung

Als Gregor Samsa eines Morgens aus unruhigen Träumen erwachte, fand er sich in seinem Bett zu einem ungeheuren Ungeziefer verwandelt.

Davon hatte Leonore Fritz gehört und nach der Magie gesucht, die Wort und Wanst ergriffen haben mag, um daraus dieses weltverlassene Gespinst zu weben.

Leonore war schon souverän an ihre Vielbeinigkeit gewöhnt und an das Leben in den Winkeln wo weder Verwandtschaft noch Prokuristen ihr Unwesen trieben.

Leonore kauerte abwartend, wenn ein Zug vorbeidonnerte und tippelte auf einer hell perlenden Oktave eines Glockenspiels über die freie Fläche, um darauf harrend in einem Zwischenraum zu überbrücken und zu observieren. Es war üblich unter diesen Tieren, aus ihren Ritzen raus zu stieren, ob gefahrlich nähert sich etwas zum Töten trachtend. So starrten Augenpaare gelb und unbewegt zwischen Lauern und Belauertwerden.

Ein Ich schält sich aus dem Schatten eines Seitenblicks und stellt sich vor als Reporterin, die bäuchlings das Leben auf der Erde eruierend, Gregor kannte und auch Leonore bei ihrem Vordernamen nannte. Als diese frug ich die Dame, die sich mit mehrfach über Kreuz geschlagenen Beinpaaren in Szene setzte. Die Sonnenbrille steckte auf dem flachen Insektenkopf, ganz im Stile Saint Tropez. Wie es so mit Atemlosigkeit sei in diesem Leben als Schabe…

Da hob sie ihren ganzen Käferleib und stellte krachend Fußpaar um Fußpaar auf den Boden. Das war ein Schritt zu weit! Schabe frommte der Marilyn des Abflussrohrs, nicht nur nicht, nur sprach sie nicht und rümpfte nur, vermute ich, ihre Nase. Mit stricknadelklappernden Füßchen entfernte sich die Diva. Ich blickte auf den schwankenden Hinterleib dieser verkörperten Entrüstung.

DaunTown-Atelier-Stipendium 2022

In diesem Jahr geht das DaunTown-Atelier-Stipendium an die Künstlerin Anna Bella Eschengerd. Für sieben Monate stellt DaunTown ihr einen Atelierraum zur Verfügung. Sie hat sich bereits eingelebt und einige Arbeiten geschaffen.

Anna Bella Eschengerd ist eine vielseitige Künstlerin. Ihr Arbeitsfeld liegt im Bereich der Zeichnung, der Performance und des Textes.

Ihre Zeichnungen lassen sich dem Surrealismus zuordnen. Sie beginnt an einer Stelle auf dem leeren Blatt mit einer zeichnerischen Geste, einer Linie oder einer Struktur, lässt dem Stift seinen freien Lauf und sieht dem Geschehen zu, um dann die Linien zu Formen weiter zu entwickeln. Aus den unbewußt entstehen Figuren, die sich fortwährend verändern, werden kryptische Geschichten und letztendlich großartige grafische Blätter. Diese Arbeiten ziehen in den Bann! Mit der gleichen Akribie, mit der die Künstlerin zeichnet, verfolgt der Betrachter die Bilddetails und versucht das Werk zu entschlüsseln.

In ihren Performances ist Anna Bella Eschengerd leise aber sprachgewaltig unterwegs. Sie reagiert auf den jeweiligen Raum oder das Publikum mit Bewegung und Sprache. Oft geht sie auch künstlerische Kooperationen mit Musikern ein. Ein Beispiel ist das zum Teil in DaunTown entstandene Werk „Alles ist zerleuchtet“. Hier hat Anna Bella Eschengerd einen Text geschrieben, die Buchstaben kodiert und zusammen mit dem Musiker Willem Schulz in Noten transformiert. Die sich daraus ergebende Partitur wurde als Konzert für Cello, Klarinette und Mezzosopran aufgeführt. (Text im Anhang). Das Video dazu gibt es hier: „Alles ist zerleuchtet“

Ihr großes Sprachtalent nutzt sie im Atelier auf besonderer Weise, als vierte DaunTown-Stipendiatin ist sie die erste Künstlerin, die hier ein Atelier-Tagebuch schreibt.

Anna Bella Eschengerd im Gespräch über Kunst im Atelier.

Noten-/Arbeitsblätter zum Text „Alles ist zerleuchtet“.

Alles ist zerleuchtet (von Anna Bella Eschengerd)
Das Spiegelkabinett wirft das Bild eines Verwirrten nach dem Gast, der sich seinen Weg ertastet. Erstickt in einem Lichtkasten: ein Vögelchen zur Rechten. Dem Tier tief ins tote Auge schauend verliert er Halt. Der ganze Leib stürzt nach in eine leuchtende Tiefe und findet sich zerbeult in einem Winkel. Die Grimasse steht Kopf und der Gast rappelt sich auf. Der Gang ist eng und ganz erleuchtet. Ein dunkler Krabbler robbt voran. Sein Kopf stößt sich von der niedrig Decke ab. Das einzige Licht, das aus ist, ist das Augenlicht, die ganze Helle ergibt kein Bild für den sich vorwärts Ringenden. 

Der Gast fühlt sich gequetscht von all dem Gleißen. Gast, Gast, was heißt das schon? Erinnern muss er sich! Von hinten wälzen sie sich schwergewichtig über ihn, den einzig dunklen Fleck an diesem lichten Ort. 

Er hockt sich hin, so gut es geht. Es ist sehr warm, er ist ganz falsch gekleidet für diesen Anlass. Vielleicht kann er seine Krawatte lösen und sein Jackett über die Schultern ziehen. Ein Clownsgesicht links bei ihm tut es ihm gleich. Dieser Narr steckt sich den Schlips zipfellängs in den roten Mund und schlingt ihn sich in den Hals, bis er sich selbst erwürgt. Mit sichtlichem Befremden verfolgt der Gast das Treiben. Da reißt es ihn aus den Schuhen, halswärts in ein weiteres Licht.

Die Hand, die Hand, er legt sie flach auf das, was sich gläsern zeichnet. Ein Gefühl zu fordern tritt er an mit leerem Stiefel. Was da ist, schwindet gleich unter seinem Tasten. Härte unter meinen Knien betet er nach inständig. Zwei Schwäne – gläsern – schieben sich, wie auf Befehl, an ihm vorbei. Wobei das filigran Gefieder schneidet nach ihm scharf. Er, Weichender, seines Fleisches sehr bewusst. 

Dann kommt die Liebe in Gestalt eines Tauben und übergießt ihn kühl obszön mit ihrer Nacktheit, dass er schamhaft um sich schaut, vor wem sie sich wohl exponiere, doch niemand da im Außen ist, das sich verzieht in gleißend hell. Die Liebe legt den Finger an den Mund und betont ganz salbend: nur er sei gemeint und ganz intim, weil alles so erleuchtet sei, das er bewandele. 

Quatsch prescht er gerade los, als er ins Rutschen kommt und auf dem wächsern Blut der Liebe seine Spur zu Tosen wischt in dem er dann von dannen zischt. Gebeult liegt er da am Ende in seinem Saft. Endlich in einem Aquarium wie es scheint. Es leuchtet so sehr, dass es fast kreischen müsste, wie es ihn überstrahlt, als er nach seinen Händen schaut, die wie ein Fremdes vor ihm sternen. Die Hand beschaut aus der Erinnerung, kein Band zu dem, was da vor ihm steht, lässt er das Tasten sein und tanzt ganz leise irr, so öffnet er den Schlund und schluckt das Licht und will es furzen, so entgrenzt ist er, doch es durchdringt ihn als von Gegenstand. Kein Widerstand dem groben Auge vor dem Guckekasten: ausgedünnt, zerleuchtet, hat nicht standgehalten.

STOTTER GEDACHTE

Die niederländische Künstlerin Iris v´t Bosch war eine Woche im HUBSA in DaunTown zu Gast und nutzte die Zeit, um zwei Werke für den Skulpturen-Garten zu fertigen.

„Stotter-Gedanken“ unter diesem Titel fasst die Künstlerin ihre vielfältigen künstlerischen Arbeiten zusammen. Ihr Repertoire reicht von Zeichnung über Malerei bis hin zu Objekten. In den Niederlanden ist sie vor allem für ihre Kunstprojekte bekannt. Sie entwickelt themenbezogene Kunstkonzepte,  an deren Umsetzungen auch andere Künstler beteiligt werden. Zu sehen sind diese Ausstellungen dann als Kunstevent in verschiedenen Städten.

Die Künstlerin reagiert in ihren Werken immer auf die Umgebung, in der sie sich bewegt. Ihre Idee für DaunTown: eine optische Verbindung ihrer Heimat Seeland und Ostwestfalen, Krabbenscheren von der Schelde und Geäst aus dem Teutoburger Wald, kombiniert zu einem Objekt.

Die mannigfaltigen Eindrücke, die hier vor Ort auf sie einströmten, hielt sie in einer Zeichnung auf einer herumliegenden Palette fest „STOTTER GEDACHTE DAUNTOWN“.

Iris v´t Bosch Arbeiten sind im Avantgarten wie kleine poetische Botschaften versteckt und warten auf ihre Entdecker.

Wer mehr über das künstlerische Schaffen von Iris v´t Bosch erfahren möchte, kann ihr auf Instagram folgen.

Alle Kunstwerke, die im Avantgarten stehen können auf der Skulpturengarten Internetseite angesehen  werden www.avantgarten.eu

Iris v´t Bosch zu Gast im HUBSA

Mitgebrachtes und vor Ort Gefundenes wird verarbeitet.

Nur in DaunTown „wachsen“ Krabben an den Bäumen.

Der „CrabTree“ im Avantgarten.

Iris v´t Bosch im Gespräch mit Wolfgang Meluhn.